Pünktlich zu Jahresbeginn streckte Hamlet seine Fühler aus dem Gehäuse und erklärte die Wintersaison für beendet. Mit ihm ist sein gesunder Appetit erwacht und er verputzt täglich eine große Portion Salat, dazu Gemüse und als Dessert gerne ein paar eingeweichte Vollkornhaferflocken. Das Knabberzeugs (Sepia und Eierschalen) lässt er noch liegen, ihm ist wohl mehr nach Frischkost.
Zeit, sich Gedanken über einen Umzug zu machen – schließlich soll Hamlet Dynastiegründer werden und da ist ein größeres Habitat angesagt. In einem Zoofachgeschäft suche ich nach einem geeigneten Terrarium und finde nix – bis einem netten Verkäufer, der offensichtlich Freude an meiner Schneckenbegeisterung hat, einfällt: „Ach, ich glaub, ich hab genau das Richtige für Sie! Ein Restposten, aufm Lager…“ Gesagt – angeschaut – gekauft!
Dann ging es ans Einrichten. Substrat rein (muss ich noch aufkalken) und Moos und Grünlilien. Wenn der Frost vorbei ist, pflanze ich mehr einheimische Pflanzen hinein: Efeu, Veilchen… Dann das Mobiliar: Äste und Schlafstatt (halbierter Blumentopf).
Als das neue Habitat bezugsfertig ist, hält Hamlet gerade ein Verdauungsschläfchen:

Aber wo ist die kleine Ophelia? Seit Ende Oktober habe ich sie nicht mehr gesehen, sie hat sich eingegraben. Vorsichtig durchsuche ich den Bodengrund des alten Terrariums – und da ist sie: Sie hat ihr Häuschen mit einer Kalkdeckeltür verschlossen, um ungestört ihren Winterschönheitsschlaf machen zu können.
Man sieht den Größenunterschied der jungen Dame zum ausgewachsenen Hamlet:

Vorsichtig lege ich sie ins Moos des neuen Habitats, und hoffe, dass sie ebenso munter wie Hamlet aus dem Winterschlaf erwachen wird. Und: am nächsten Morgen finde ich ihren Kalkdeckel neben dem Moos – hier das „Türchen“ im Größenvergleich mit einem Bleistift:

Und dann finde ich auch Ophelia:

Und nun schlummern und mampfen die beiden sich einer Karriere als Fotomodells entgegen…
Das lässt sich ja gut an!
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Und im Mai sollen die beiden Gesellschaft bekommen – dann wird es eine Weinbergschnecken-WG. 🙂
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Bin gespannt auf die Gruppendynamik 🙂
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Großartiger Beitrag! Ein absoluter Lesegenuss. Ich weiß nichts über Schnecken. Und nun lerne ich Hamlet und Ophelia kennen – und staune. Bitte auf dem Laufenden halten, wie es weitergeht!
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Gern 🙂 . Meine Zuneigung zu den stillen Gehäuseträgern habe ich auch erst im vergangenen Sommer entdeckt und bin mehr und mehr fasziniert.
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Mir scheint, Deine Schützlinge sind wahre Glückskinder. Die Aufmerksamkeit und Liebe mit der sie umsorgt werden dürfte nicht vielen Artgenossen zu teil werden. Schöne Aufnahmen von Ophelia und Hamlet, die erstaunlich früh ihren Winterschlaf beendet haben. Bei uns hat es knackige Minustemperaturen und Schnee und wenn die Sonne scheint ist es wunderschön, aber man muss sich schon richtig warm anziehen. Da werden die heimischen Schnecken ihre Kalkdeckel eher noch verstärken und sich noch eine Mütze Schlaf gönnen.
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Das zunehmende Tageslicht wird wohl Grund für die Beendigung des Winterschlafs sein, denke ich. Die Temperaturen sind ja hoch genug – soweit geht meine Begeisterung für Schnecken nun doch nicht, dass ich ihnen zuliebe frostige Temperaturen im Wohnzimmer habe. 🙂
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Das ist ja lustig. 😀 Wo hast Du die denn her?
LG Susanne
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Von einer Freundin, die sie gerettet hat, bevor ihr natürlicher Lebensraum zerstört wurde. Besser Terrarium als städtische Häckselmaschine…
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Was für eine hübsche Idee, ich mag Schnecken auch sehr und hoffe auf weitere schöne Fotos.
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Fotogen sind die beiden 🙂
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So ein Glück! Liege total vergrippt darnieder…lese von Schnecke Hamlet und habe sofort ähnliche Glücksgefühle wie beim Lesen des Buches: „Das Geräusch einer Schnecke beim Essen“…ich liebe sie, die wunderbaren Mollusken & Co.!
Ich dank Dir sehr für Deine Aufzeichnungen und überhaupt für diesen warmen und liebevollen Ort hier , ich verlaß ihn immer beflügelt und getragen von den Schwingen der Poesie! Viele liebe Grüße vom oberbayrischen Schneeland!
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Danke für Deinen Besuch und den lieben Kommentar! „Das Geräusch einer Schnecke beim Essen“ ist ein wunderbares Buch – ich lese immer wieder darin.
Nun werde Du schnell wieder gesund – gute Besserung und herzliche Grüße an Dich Graugefiederte!
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Ich halte nichts von Schnecken aber event. wird das ja noch was. 🙂 die Bilder finde ich gut.
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🙂 Danke für Deinen Besuch.
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Wau, bei dir und den Schnecken ist ja was los ! Ich bin jetzt auch erstaunt, daß die beiden schon ausgeschlafen haben. Zum Glück haben sie es schön warm und kuschelig bei dir und das Terrarium sieht doch schon allerliebst aus mit der Winterbestückung. Ihnen scheints jedenfalls gut zu gefallen. Warum sonst würde Ophelia auf ihren Kalkdeckel pfeifen 😉 ?! Ich freue mich auf weitere Schneckengeschichten !! Schön, deine entschleunigten Beiträge 🙂
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Im Mai dürfte es spannend werden – wenn Neulinge ins Terrarium kommen und man Schneckengruppendynamik erleben wird.
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Au ja, ich freu mich schon. Allein dieses Wort „Schneckengruppendynamik“ – schmunzel !!
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Kraulquappe schrieb oben genau das, was ich hier schrieben wollte:
„Großartiger Beitrag und absoluter Lesegenuss!“ da schließ ich mich an 🙂 Man merkt deine Schneckenbegeisterung in jedem Wort. Herrlich!
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Ich freu mich auch schon, wenn die Schnirkels bald wieder im Garten auftauchen. 🙂
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Ein feiner liebevoller Bericht über das Zuhause von Hamlet und Ophelia 🙂
Finde ich irgendwo ein altes nicht mehr bewohntes Schneckenhäuschchen, putze und wasche ich es vorsichtig und lege es zu meiner Sammlung, die sehr langsam aber sicher wächst…
Lieber Gruß von Bruni
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Danke für Deinen Besuch auf meinem Blog, liebe schneckenhaussammelnde Bruni! Ich sammle die Häuschen auch und bewundere immer wieder ihre Architektur. Wie Schneckenhäuser Vorbild für menschliche Baukunst sind, kann man übrigens in „Schnecken. Ein Portrait“ von Florian Werner (Matthes & Seitz Verlag) erfahren. Ein wunderbares Buch, in dem der Autor u.a. sehr liebe- und humorvoll von seiner Schnecke Nereide (benannt nach einem Rennpferd) berichtet, mit der er in England bei einem Schneckenrennen teilnahm.
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Eine Schnecke, die nach einem Rennpferd heißt, wie schön ist denn das
Schmunzelgrüße von Bruni
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Das gesamte Buch ist schön. Zu lesen und dank der besonderen Illustrationen auch anzuschauen. Liebe Grüße von Anna
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Ist es wie eine Geschichte, eine Erzählung geschrieben oder wie ein Sachbuch?
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Ein Ich-Erzähler vermittelt literarisch-sprachlich sehr schön Kulturgeschichtliches zur Schnecke – natürlich auch Biologisches, aber nicht in Sachbuch-Form, es fließt ein, leicht-liebevoll-elegant.
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